Johannes Enders—Rainer Böhm Duo / My imaginary friend

44. Stuttgarter IG Jazztage 2023

Oben: Johannes Enders Rainer Böhm Duo | Unten My imaginary friend
© Oben: Mark Petri | Unten: Jonathan Reichel

Beschreibung

Johannes Enders—Rainer Böhm Duo

Als optimistischen Melancholiker beschreibt sich Johannes Enders, romantisch und gefühlvoll nennt er die im akustischen Duo mit Rainer Böhm eingespielte Musik. Beide kennen sich lange, beide lehren heute als Professoren ihrer Instrumente, beide haben vor gut anderthalb Jahrzehnten schon einmal im Duo aufgenommen und sind sich seither immer wieder begegnet. Saxofonist Enders schätzt am Pianisten Böhm, dass er es trotz aller Virtuosität nicht verlernt hat, dem Gesamtbild zu dienen. Er muss mit seinem Instrument nicht die Führung übernehmen, sondern kann auch dem anderen die Richtung überlassen. „Ich bin die Melodie und er ist das Orchester“, fasst Johannes Enders zusammen.

Zwei Tage haben sie gebraucht für diese wunderbar magischen Dialoge in Musik, einen zum Proben, damit der eine die jeweils neuen Stücke des anderen kennenlernte, dann sechs Stunden im Münchner Studio. Nichts vom Material wurde vorher im Touralltag zur Routine entindividualisiert. Handgemachte Musik aus dem Moment hört man, keine falschen Tricks, keine doppelten Böden, alles naturbelassen, erdig, frisch und eben nicht super perfekt bis zur Sterilität: „Wir wollten nichts, wir haben einfach nur gemacht.“ Immer neue Türen gehen auf bei „Kokoro“ für den, der das Zuhören noch nicht verlernt hat. Musik, die nicht eifert, posiert oder überrumpeln will, Musik, die ihre Wurzeln kennt und von da aufbricht, geschmackssicher und unaufgeregt. Zwei, die sich aufeinander verlassen können, sind hier ganz und gar bei sich in einer erworbenen Souveränität, mit der im Rücken sie das Staunen nicht verlernt haben und das Gespür für Feinheiten.

Keiner der beiden muss seine ausgefeilte Technik vor sich hertragen. In Rainer Böhms Spiel sind Genreüberschreitungen vom Jazz hin zur Klassik immanent. Transfer von Beseeltheit ist ihm wichtig in seinem aufgerauten Wohlklang, der auf rhythmische Stringenz setzt und auf melodische Fantasie. Feinsinnig wird die durchgehende Empfindsamkeit nie banalisiert. Darin ist er ein Meister wie Johannes Enders, der in melancholischen Grundstimmungen auch einen Prozess des Abschiednehmens eingeschrieben sieht. Den begreift er als Voraussetzung für Veränderung und Entwicklung. Die Verarbeitung dieser Prozesse erzeugt Optimismus. Insofern ist „Kokoro“ eine Frühlingsplatte, die Hoffnung machen will.

Swing bedeutet Elastizität, Belebtheit und die Fähigkeit zu fliegen. Swing ist die Voraussetzung. Johannes Enders und Rainer Böhm sind exponierte Vertreter der mittleren Generation des deutschen Jazz. Die siedelt zwischen den Jungen, die ihren Weg noch finden müssen, und den Alten, die angekommen sind und ihren Stil konsolidiert haben. Die mittlere Generation ist unterwegs – in den besten Fällen. Das Duo Enders/Böhm ist so ein bester Fall. Ihre so markant und ausgewogen in sich ruhende Musik steht für eine Rückbesinnung auf Heroen wie Lester Young und Stan Getz, die aber nicht kopiert, sondern weitergedacht werden. Amerikanische Ahnen werden in europäische Kontexte transformiert. Es geht um die eigenen Geschichten. Johannes Enders und Rainer Böhm schicken geradezu atemnehmende Unisono-Passagen los und entwickeln in einem furiosen Miteinander voller exquisitem Understatement ihre Ideen. Ihre Kunst entspringt aus keinem Wettbewerb, ersetzt das kompetitive Muskelspiel durch feinsinnig subtile Ausgewogenheit, den Schrei durch den Atem und den Eifer durch das Raffinement. [Ulrich Steinmetzger]

Johannes Enders [saxophones] | Rainer Böhm [piano]

My Imaginary Friend

Die musikalische Synergy zwischen Chris Mehler, Robinson De Montmollin und Niklas Lukassen ist seit 2017 durch ihre gemeinsam verbrachte Zeit in New York gewachsen. Dort haben sie viel gemeinsam erlebt, experimentiert, sich gegenseitig herausgefordert und schließlich mit My Imaginary Friend eine eigene musikalische Sprache entwickelt. Der Grundstein für ihre Zusammenarbeit war das Masterstudium an der weltweit renommierten Manhattan School of Music. Seitdem haben sich die heute in Berlin, Montreux und London wohnenden Musiker durch Zusammenarbeiten mit herausragenden künstlerischen Persönlichkeiten regelmäßig als Ausnahmetalente auf internationalem Niveau bewiesen.

Chris Mehler’s Improvisationstil wird von Jim McNeely als dynamisch von luftig bis brilliant mit einer großen emotionalen Reichweite beschrieben. Mehler trat bereits in der Carnegie Hall auf, spielte mit Maria Schneider und mit allen deutschen Rundfunk Big Bands, wobei er auch Gastsolist beim WDR und SWR war.

Der Pianist Robinson De Montmollin, ist neben seiner Aktivitäten als Sideman, auch ein versierter Solopianist. Sein sensibles Spiel zeugt von einer tiefen Verbundenheit zur impressionistischen Klaviermusik. Diesen Einfluss verflechtet er galant in seine bewegten Jazzimprovisationen.

Niklas Lukassen etabliert sich gleichermaßen als Kontrabassist und als Bassgitarrist zu einem integralen Bestandteil der jungen Jazz Szene mit einem Klang, durch welchen er ebenfalls mit enormem Bandleader-Potential polarisiert. Er hatte bereits Gelegenheit mit u.a. Mike Stern, Joe Lovano, Kit Downes und Kurt Rosenwinkel zu arbeiten.

Am Schlagzeug wird der US-amerikanische Jazzmusiker Bill Elgart zu hören sein. Bill Elgart spielte u.a. mit Paul Bley, Gary Peacock und Kenny Wheeler und ist mit seinem unverkennbaren melodischen Sound ein Protagonist der internationalen Jazz Szene. Er feiert dieses Jahr seinen 80. Geburtstag und lebt seit mehreren Jahren in Ulm.

Die Individuen hinter My Imaginary Friend verfolgen jeweils ihre eigene künstlerische Vision, wobei von dieser Besetzung eine besondere Chemie ausgeht wenn sie als Kollektiv aufeinander trifft. Gemeinsam verkörpern sie eine Eigenästhetik, welche vermeintliche Gegensätze in sich vereint. So verbindet das Ensemble lebendige Jazzimprovisationskunst mit einer Neigung zu impressionistischer Eleganz.

Chris Mehler: trp, flgh. | Robinson De Montmollin: p | Niklas Lukassen: bass | Bill Elgart: dr

  • Enders Boehm Duo
    © Mark Petri
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  • My imaginary friend
    © Jonathan Reichel
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    © Jonathan Reichel

Tickets und Termine

Vorverkauf: 26,— / 18,— €
Theaterhaus-Kasse: +49 711 4020720

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